Wo bin ich hier eigentlich?

Ja, in Rumänien bin ich...nun schon seit gut 2 ½ Monaten.
Aber was bedeutet es eigentlich hier zu leben, was ist anders als in Deutschland? Was mag ich, was vermisse ich, wovor habe ich Angst?

Ich vermisse Spaghetti mit Tomatensoße, Vollkornbrot, Brötchen allgemein, einen passenden Hausschlüssel, eine Dusche worunter man mal laut singen kann, ohne dass jemand einen hört, Mülltrennung, Pfandflaschen, eine funktionierende Heizung, Raum für mich, dass ich mich auch ausbreiten kann, ohne, dass dann meine Zahnpaste mitbenutzt wird oder ein Schuh verschwindet.
Aber das sind nur Kleinigkeiten.
Und, wenn ich nicht genauer darüber nachdenke, merke ich auch gar nicht, dass ich mich für die Gegebenheiten hier vielleicht schon ein bisschen verändert habe. (Ich esse neuerdings Ei!!)

Angst habe ich manchmal vor den merkwürdigen Leuten, die man hier so antrifft. Natürlich steckt man komische Bemerkungen auch mal weg und ich weiß auch, dass der Bauarbeiter von nebenan sich sicher nicht in mein Zimmer zum versprochenen Candle-light Dinner schleichen wird. Aber es gibt schon ein paar Roma-Kinder, die man öfter mal an der Straße spielen sieht und die einen dann spielerischerweise von hinten anhüpfen. Aber darauf bin ich nun vorbereitet.
Gestern in einer Bar klopfte auch ein verstörender Mann ständig an die Scheibe, weil er von den Gästen im Bistro Zigaretten schnurren wollte. An der Hauptstraße gibt es auch einen „Leimschnüffler“ .
Das sind nicht so schöne Seiten, aber irgendwann gewöhnt man sich selbst daran.

Themawechsel:
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie gut ich es hier eigentlich im Kinderheim habe. Alle sind unglaublich herzlich, zuvorkommend und fürsorglich. Zu den Mahlzeiten essen wir an einem viel zu kleinen Tisch mit zu wenigen Stühlen. Deswegen essen die Großen, Betreuer und ich eben immer im Stehen. Trotzdem wird mir von den Kindern immer ein Stuhl angeboten. Essen bekommt man hier sowieso schon fast zugesteckt (gleich in der ersten Woche hat mir eine Betreuerin ein Glas Zakuszka geschenkt) und letztens hat mir Jutka (eine unglaublich liebenswerte Betreuerin) sogar eine Blumenbrosche mit angesteckter Perle gehäkelt. Wenn es die Obstration gibt, bekomme ich immer doppelt so viel, weil ich ja kein Fleisch esse und die Vitamine brauche. Ich liebe die typisch ungarische Obstsuppe (gyümölcsleves) oder die schon oben genannte, leckere eingekochte Gemüsematsche (Zakuszka). Was ich nicht so mag ist Puliszka (Maisbreimatsche) oder den sehr strengen Käse, der hier  oft gegessen wird. Nudeln gibt es zwar auch, aber meistens nur süß mit einer Zucker-Nussmischung.

Bei einer anderen Betreuerin darf ich immer schon nach dem Abendbrot auf mein Zimmer gehen, obwohl ich eigentlich noch eine Stunde arbeiten müsste. Außerdem wird mir öfters gesagt, dass ich tolle Haare hab (jeder will sie kämmen, was ich natürlich nicht zulasse :p ) und wie schön ich ja zudem sei. Ich werde hier also genug verwöhnt.

Zu dem Leben in der Stadt lässt sich sagen, dass besonders die Hauptstraße und das Zentrum von alten ungarischen Bauten geprägt sind. Bei den Verkäufern, Taxi- und Busfahrern weiß man nie, ob sie ungarisch oder rumänisch sprechen. Da kommt man sich manchmal schon ziemlich aufgeschmissen vor. In der Schule müssen die Kinder natürlich alle rumänisch lernen, weil es die Amtssprache ist, aber auch Englisch und Deutsch wird manchmal sogar schon ab der ersten Klasse unterrichtet. Als sich letztens ein Mädchen bei mir bedankte, dass ich mit ihr Deutsch gelernt habe, weil sie nun nämlich eine 10 geschrieben hatte, wusste ich gar nicht, was das bedeutet. 10 ist das beste und 4 oder 2 das schlechteste.
Es gibt so viele Dinge, wo man gar nicht dran denkt, dass es ja ganz anders sein könnte, als man es von Deutschland gewohnt ist. Deswegen werde ich sicher noch sehr viel dazulernen, auch was die Sprache angeht, denn ich glaube bei ungarisch hat man nie ausgelernt.

Was ich sehr bewundere sind die Wertvorstellungen-besonders die der Kinder.
Letzte Woche haben sie alle einen Brief an den Weihnachtsmann geschrieben mit ihren Wünschen. Fast alle haben sich Obst und ein wenig Süßigkeiten gewünscht-das wars. Wie kann es sein, dass ein fünfjähriges Mädchen per Brief dem Weihnachtsmann dankt, dass sie nicht arm sein muss? Sowas habe ich nie in meinen Wunschbriefen geschrieben.
Umso mehr freue ich mich auf das gemeinsame Weihnachtsfest am 23. Dezember und die Augen der Kinder, wenn sie sehen, dass es für mehr als Orangen und Äpfel gereicht hat.
Ich hoffe, dass ich in nächster Zeit ein paar schöne Sachen von den Weihnachtsvorbereitungen berichten kann. Ein kleiner Junge denkt schon jedes Mal, dass wenn es klingelt, der Weihnachtsmann kommt.


Ich wünsche euch eine schöne Adventszeit und denke an euch! <3 


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